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Letzte Änderung: 18.06.2003


Doppelsterne und Novae

Denken wir noch einmal an die Sternentstehung - die Kontraktion riesiger Gasansammlungen. Im Inneren dieser Wolken finden wir lokale Massekonzentrationen - die Proplyds (Elephantenrüssel) und Globulen. Diese dichten Gebiete sind die Orte, in denen wir die Sternentstehung erwarten - doch sie enthalten meist sehr viel mehr Materie, als für die Bildung eines einzelnen Sterns nötig ist. Je nachdem, wie die Materie in der Globule / im Proplyd verteilt ist, können wir uns problemlos vorstellen, daß sich gleichzeitig zwei oder mehr Sterne bilden, die so dicht beieinander stehen, daß sie durch ihre gemeinsame Schwerkraft aneinander gebunden bleiben.

Tatsächlich bleiben von H II-Regionen im Laufe der Entwicklung Sternhaufen zurück - beispielsweise sind ja die bekannten Plejaden ein solcher junger Sternhaufen, der noch von Resten der Gaswolke "umspült" ist, wie langbelichtete Aufnahmen zeigen. Diese offenen Haufen dürften sich im Laufe von Jahrmilliarden durch den Schwerkrafteinfluß benachbarter Sterngruppen und Gaswolken langsam auflösen; ein Beispiel für einen älteren, in Auflösung begriffenen Sternhaufen stellen die am Himmel benachbarten Hyaden dar, deren Mitglieder sich zwar noch ungefähr in die gleiche Richtung bewegen, aber räumlich so weit voneinander getrennt sind, daß ihre gegenseitige Anziehung sehr gering ist, so daß äußere Schwerkrafteinflüsse den Haufen "verschwinden" lassen werden.

Was aber geschieht mit den eng benachbart entstandenen Sternen? Werden sie sich auch irgendwann voneinander trennen? Einige Blicke in den Himmel zeigen uns, daß Doppel- und Mehrfachsterne keine Seltenheit sind.

Das traditionelle "Paradebeispiel" ist das Sternpaar Mizar / Alkor in der Deichsel des roßen Wagens - oder, wenn wir das "korrekte" Sternild heranziehen, im Schwanz des großen Bären. Mizar, der mittlere der drei "Deichselsterne", wird im Abstand von 12 Bogenminuten von einem schwächeren, aber mit dem bloßen Auge gut sichtbaren Stern Alkor (80 UMa) begleitet. Dieser Stern ist aber mehr als ein Parsec weiter von uns entfernt als der helle Mizar - es dürfte sich also nicht um einen "echten" Doppelstern handeln, dessen Komponenten sich gegenseitig umkreisen. Stellen wir nach dieser Enttäuschung jedoch den Stern Mizar im Teleskop scharf, entdecken wir einen echten Begleitstern - Mizar ist also doch ein Mehrfachsternsystem.

Das zweite klasische Beispiel ist eps Lyrae. Wenn die Leier hoch am Himmel steht und letzterer klar genug ist, erscheint der Stern in der Nähe der hellen Wega deutlich "strichartig" - viele Menschen können an der Stelle bei indirektem Sehen tatsächlich zwei getrennte Sterne sehen. Nimmt man diesen Doppelstern vor das (nicht zu kleine) Rohr und schraubt die Vergrößerung auf mindestens 70-fach, erlebt man eine eindrucksvolle Überraschung: Jeder der beiden Sterne ist selbst noch einmal ein enges Sternpaar - eps Lyr ist also (mindestens) ein Vierfachsternsystem.

Wenn man schon einmal dabei ist, die Sterne mit einem Teleskop abzugrasen, wird man unzählige sehr eng beieinander stehende Sterne entdecken - in der Tat sind Mehrfachsterne eher die Regel als die Ausnahme - schätzungsweise 50 bis 60 Prozent aller Sterne gehören zu solchen Systemen. Soviele sind allerdings auch wieder nicht sichtbar - es wird Zeit, Ordnung in die Sache zu bringen.

Mizar / Alkor: Da die beiden Sterne zwar wie ein Doppelstern aussehen, aber in Wirklichkeit räumlich weit voneinander getrennt sind, spricht man hier von einem optischen Doppelstern. (Als "Augenprüfstern", wie in manchen Büchern zu lesen, kann dieser optische Doppelstern meiner Meinung nach nicht bezeichnet werden - außer vielleicht, wenn es um das Verleihen einer gelben Binde mit drei Punkten geht)

Mizar A / Mizar B (das was im Teleskop sichtbar wird): Hier ist ein echtes Doppelsternsystem, das visuell getrennt werden kann - man nennt dies einen visuellen Doppelstern. eps A1/A2 / B1/B2 Lyr gehört ebenfalls zu den visuellen Doppelsternen, genau wie unglaublich viele andere auch, die mit dem Teleskop ihre wahre Natur zeigen.

Es gibt sehr viele Mehrfachsternsysteme, die entweder zu weit von der Erde entfernt oder aber zu eng beieinander stehen, als daß sie auch von den größten existierenden Teleskopen voneinander getrennt werden könnten - der Winkel zwischen ihnen ist einfach zu klein. Diesen Kandidaten kann man mit Hilfe von spektroskopischen Untersuchungen auf die Pelle rücken - man nennt sie daher spektroskopische Doppelsterne. Kurz gesagt, zeigt das Spektrum dieser Sterne zu verschiedenen Zeiten Absorptionslinien an verschiedenen Positionen, was Rückschlüsse auf ihre aktuelle Bewegungsrichtung und -geschwindigkeit zuläßt - durch viele Messungen kann man in quasi Detektivarbeit die wahren Umlaufbahnen ermitteln.

Noch eine Variante sind die astrometrischen Doppelsterne, deren prominentestes Beispiel zur Entdeckung des ersten weißen Zwerges führte: Sirius B. Der helle (und mit 2.7 pc / 8.8 Lichtjahren) sehr nahe Stern Sirius zeigt ein auffälliges "Schlingern" in seiner Eigenbewegung, die aufgrund seiner Nähe relativ einfach beobachtet werden kann. Dieses Schlingern kann nur eine Erklärung haben: Einen massereichen, aber unsichtbaren Begleiter, der Sirius B genannt wurde und sich nur durch seine Gravitationswirkung verriet, bis er schließlich mit einem sehr großen Teleskop direkt beobachtet werden konnte.

Die Bedeutung der Doppelsterne für die Astronomie ist vielfältig: Abgesehen davon, daß ihre Existenz durch die Modelle der Sternentstehung erklärt werden muß, bieten sie die einzige Möglichkeit, über ihre Umlaufbahnbestimmung indirekt die Massen der Sterne zu bestimmen - anhand der Formeln, die die Newtonschen Gesetze zur Gravitation uns liefern. Da Sterne jedes Spektraltyps in Doppelsternsystemen vorkommen können, kann man auf diesem Weg die Modelle zur Masse-Leuchtkraftbeziehung (siehe Hertzsprung-Russel-Diagramm) überprüfen und verbessern. Und schließlich kann man anhand der beweglichen Absorptionslinien in spektroskopischen Doppelsternen die überlagerten Absorptionlinien, die durch interstellare Absorption entstehen, analysieren (eben weil diese sich nicht bewegen!) und so Rückschlüsse auf die Zusammensetzung des interstellaren Mediums ziehen.

Novae

Auch zur Erklärung der sogenannten "Novae" werden mittlerweile Doppelsternsysteme herangezogen; diese ursprünglich als "neue Sterne" vermuteten Helligkeitsausbrüche rühren wohl von sehr engen Doppelsternen her, deren Leuchtkraft kurzfristig auf das tausend- bis millionenfache des Normalzustands ansteigt. Einer der Partner in solch einem System ist ein sehr kompakter Körper (Weißer Zwerg), der andere ein normaler oder Riesenstern. Dabei ist das System so eng, daß das gemeinsame Schwerezentrum nahe bei oder sogar im größeren Stern liegt; dadurch fließt Materie (Wasserstoff und Helium) aus der Sternhülle des einen Partners zum kleinen, kompakten Körper über. So entsteht um den weißen Zwerg eine wachsende und aufgrund der hohen Fallbeschleunigung sehr dichte Hülle von frischem Gas; wenn dieses eine kritische Dichte überschreitet, zündet ein thermonuklearer Prozess - nämlich die Kernfusion wie früher im Sternkern. Allerdings ist hier eine große Fläche betroffen (die entartete Materie ist, wie bereits früher gesagt, ein hervorragender Wärmeleiter, so daß große Gebiete gleichzeitig die Zündtemperatur überschreiten), was zu einer enormen plötzlichen Helligkeitszunahme führt.

Bei diesen Novaausbrüchen wird das Doppelsternsystem nicht substanziell beschädigt - weißer Zwerg und der "normale" Begleitstern umkreisen einander nach wie vor. Daher wird sich der Prozess der Anreicherung von Material auf und um den weißen Zwerg nach der Explosion wieder fortsetzen, was zu erneuten Novaausbrüchen an gleicher Stelle führen sollte; tatsächlich sind solche wiederkehrenden Novae schon häufig beobachtet worden, teils mit einer kurzen Periode. Die Grenze zu einer Klasse von veränderlichen Sternen, den sog. kataklysmischen Veränderlichen, kann nicht scharf gezogen werden.

Trotz der Ähnlichkeit in Erscheinung (Helligkeitsausbruch) und Namen handelt es sich bei den Supernovae um völlig andere Mechanismen - sie laufen nicht so "minimalinvasiv" ab wie die Novae.

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